Urteil Nachbarschutz


Schlagworte

Nachbarschutz; Umgebungsveränderung; Umgebungsschutz

Leitsätze

1. Der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz wird durch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) gewährleistet, das nach Art. 19 Abs. 4 GG umfassend wehrfähig ist.

2. Das Grundeigentum ist wegen seiner Unverrückbarkeit (Immobilität) besonders verletzlich gegen benachteiligende Umgebungsveränderungen.

3. Das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) schützt das Grundeigentum nicht nur innerhalb der Grundstücksgrenze (Säuleneigentum), sondern darüber hinaus vor Eingriffen des Staates. Das Eigentum an einem Grundstück umfaßt einen Umgebungsschutz.

4. Die Schutznormtheorie kann den grundrechtlichen Schutzanspruch nach Art. 1 4 Abs. 1 Satz 1 GG weitgehend nicht genügen. Sie ist wegen ihrer Herkunft aus der Kaiserzeit unfähig, den Anforderungen und dem Geist des modernen Grundrechtsstaates gerecht zu werden. Sie haftet zu sehr am zivilrechtlichen Denken und verkennt die Selbständigkeit des öffentlichen Nachbarrechts. Die Schutznormtheorie leidet an einer Vielzahl von Brüchen und Widersprüchlichkeiten und kommt zu zufälligen, flickenteppichartigen Ergebnissen.

5. Die Vorschriften des öffentlichen Baurechts einschließlich der für konkrete Grundstücke geltenden planungsrechtlichen Bestimmungen regeln Inhalt und Schranken des Umgebungsschutzes des Grundeigentums. Sie sind insoweit als Konkretisierung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG wehrfähig.

6. Wird für ein Außenbereichsgrundstück, für eine öffentliche Grünfläche oder ein Grundstück im Landschaftsschutzgebiet verbotswidrig eine Baugenehmigung erteilt, kann der Grundstücksnachbar eines angrenzenden Wohngebietes mit Erfolg geltend machen, durch die Baugenehmigung in seinen Rechten verletzt zu sein (gegen BVerwG, NVwZ 1994, 686 f.; gegen OVG Berlin, Beschluß vom 15. September 1994 - OVG 2 S 24/94 -; im Ergebnis wie OVG Saarland, Urteil vom 10. November 1992 - 2 R 41.91 - und VG Berlin, DVBl. 1994, S. 55 LS = GE 1994, 1327 "Wohngebiet mit Park" bzw. "Wohngebiet am Park").

7. Eine Rechtsprechung, die den öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz ausschließlich außerhalb der Grundrechte konstruiert, ist tendenziell verfassungswidrig.

8. Öffentlich-rechtliche Nachbarrechte sind nicht kleinlich, sondern großzügig zu gewährleisten. Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG zu interpretieren. Ein Grundstücksnachbar, der die rechtlich ausgeformte Umgebungsqualität seines Grundstücks verteidigt, erhebt niemals eine Popularklage.

9. Vorschriften, die die vom Gesetzgeber festgelegten inhaltlichen Kollisionsregeln im Konflikt zwischen Bauherrn und Nachbarn für nicht wehrfähig erklären, sind mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.

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