Urteil Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 287 Abs. 2 ZPO, Heranziehung des Berliner Mietspiegels 2015 als einfachen Mietspiegel
Schlagworte
Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 287 Abs. 2 ZPO, Heranziehung des Berliner Mietspiegels 2015 als einfachen Mietspiegel
Leitsätze
1. Das Gericht ist im Prozess um die Zustimmung zu einem Erhöhungsverlangen nach § 558 BGB auch dann gemäß § 287 ZPO befugt, die ortsübliche Miete auf Grundlage eines ordnungsgemäß erstellten Mietspiegels zu schätzen, wenn der Vermieter zum Beweis der behaupteten Ortsangemessenheit der verlangten Miete ein Sachverständigengutachten anbietet und einer gerichtlichen Schätzung ausdrücklich widerspricht. Die Norm des § 287 ZPO dient nicht nur den Interessen des Anspruchstellers, sondern soll auch den Anspruchsgegner vor vermeidbaren Prozesskosten schützen. Ein Sachverständigengutachten ist nicht schon deswegen besser als ein Mietspiegel zur Ermittlung der ortsüblichen Miete geeignet, weil es formal einen Strengbeweis liefert. Das Gericht muss ohnehin schätzen, denn „die ortsübliche Miete“ kann selbst mit maximalem Aufwand niemals wissenschaftlich exakt ermittelt werden; vielmehr lässt sich immer nur ein mit mehr oder weniger großer Fehlerwahrscheinlichkeit behafteter Näherungswert finden. (Anschluss an BVerfG, 1 BvR 268/90 u. a., Beschluss v. 3. April 1990 sowie 1 BvR 160/91, Beschluss v. 20. März 1991, und LG Berlin - 18 S 108/15 -, Urteil vom 2. Dezember 2015)
2. Wird im Verlaufe des Rechtsstreits ein neuer Mietspiegel veröffentlicht, dessen Erhebungsstichtag näher am Datum der Wirksamkeit der angestrebten Mieterhöhung liegt als der Erhebungsstichtag des bei Abfassung des Erhöhungsverlangens jüngsten Mietspiegels, so ist für eine Schätzung der ortsüblichen Miete der neuere Mietspiegel heranzuziehen.
3. Ob der Berliner Mietspiegel 2015 nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde und daher ein „qualifizierter Mietspiegel“ im Sinne des § 555d BGB ist, bleibt offen. Der Berliner Mietspiegel 2015 einschließlich der „Orientierungshilfe“ zur Spanneneinordnung kann grundsätzlich jedenfalls als „einfacher Mietspiegel“ im Sinne des § 555c BGB für eine Schätzung der ortsüblichen Miete herangezogen werden, denn die ihm zugrunde liegende Primärdatenerhebung genügt den Anforderungen an eine repräsentative Erhebung, und die „Orientierungshilfe“ ist von der Expertise der an ihrer Erstellung beteiligten Fachleute getragen. Die erhobenen Rügen gegen die Methoden der Datenbereinigung treffen auf den Berliner Mietspiegel 2015 teils nicht zu, teils sind sie bezogen auf die vorliegende Wohnung irrelevant.
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