Urteil Häftlingshilfe
Schlagworte
Häftlingshilfe; Bescheinigung; Eingliederungshilfen; Fortführung durch Erben; Haft in der DDR; Rücknahme; örtliche Zuständigkeit der Ausstellungsbehörde; Ausschlussgrund; Ausschließungsgrund; Unwürdigkeitsgründe; Drittschädigung; Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit; Vorschubleisten; BStU-Unterlagen; MfS; IM/IMV; Inoffizieller Mitarbeiter; Gefährdungseignung; Freiwilligkeit; Aufkündigung der Zusammenarbeit in Haft
Leitsätze
1. Der auf eine mehrjährige Tätigkeit des Betroffenen als IM für den Staatssicherheitsdienst der DDR gestützte Ausschluss von Leistungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 HHG setzt nicht den Nachweis voraus, dass diese Tätigkeit bestimmte Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Dritten zur Folge hatte; vielmehr reicht es aus, dass die konkreten Handlungen des Betroffenen geeignet waren, Dritte einer solchen Verfolgung auszusetzen.
2. Allein in der schriftlichen Verpflichtung zum Spitzeldienst „unter dem Druck der Haft" ist noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit zu sehen. Von einem die Freiwilligkeit ausschließenden Druck kann allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn er für den Betroffenen unerträglich war, d. h. wenn von ihm auch unter Berücksichtigung des durch die Spitzeltätigkeit mutmaßlich angerichteten Schadens nicht erwartet oder verlangt werden konnte, sich der angetragenen Mitarbeit zu widersetzen oder zu entziehen.
3. Der Ausschlussgrund des „erheblichen Vorschubleistens" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 HHG ist nicht schon bei einem lediglich beiläufigen, gelegentlichen Verhalten gegeben, sondern erst dann erfüllt, wenn der politische Häftling bewusst und mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen hat, die dazu bestimmt und geeignet waren, in nicht unerheblicher Weise den Herrschaftsanspruch der SED und das von ihr getragene System zu festigen, auszudehnen oder den Widerstand gegen dieses System zu unterdrücken, es sei denn, er hat seine Stellung dazu genutzt, diese Ziele zu unterlaufen.
(Leitsätze der Entscheidung entnommen)
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